Space Station 2001

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Technik- und Fortschrittsglauben, New Frontier, Bewusstseinserweiterung: In keinem Film verdichten sich die Träume der Aufbruchsbewegung der 1960er-Jahre so augenscheinlich wie in der avantgardistischen Science-Fiction-Meditation von Stanley Kubrick. “2001” sprengte alle Grenzen und hat auch heute nichts von seiner magischen Anziehungskraft verloren. Eine Wiederschau.

Allein schon der Anfang. Schweigen. Weite. Leere. Die Erde ist öde und leer. Der Zuschauer sieht nichts als Bilder, traumhafte schöne Bilder –  und Tiere. Genauer: Affen, die sich in grauer Vorzeit daran machen, die Erde zu entdecken. Bis eines Tages ein schwarzer Monolith im wüstenähnlichen Nirgendwo steht und von etwas Höherem, einer höheren Macht zeugt. Ein unergründliches Objekt, das sich jeder  Auslegung entzieht und Tier und Mensch verstört, aber unbewusst beiden zu einem elementaren Entwicklungssprung verhilft.  Was den Affen die Fähigkeit ist, Werkzeuge und Waffen herzustellen, ist dem Mensch die Fähigkeit, den Weltraum für sich zu erobern.

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Ein Film wie die 1960er-Jahre

Wie unter einem Brennglas verdichten sich in dem Science-Fiction-Film 2001 die großen Themen und Ideen der 1960er-Jahre: die Eroberung des Weltraums, die fast mythische Suche nach neuen Grenzen und nach einem neuen Bewusstsein sowie der optimistische Glaube an den technischen Fortschritt, dessen Allmacht prophetisch bereits kritisch reflektiert wird.

Das alles ist verpackt in einem vergleichsweise dünnen Plot, der in vier Kapiteln geradezu kontemplativ die  Geschichte erzählt, wie sechs Astronauten im Jahr 2001 mit Hilfe eines allmächtigen Computers auf die Reise zum Jupiter geschickt werden, um rätselhaften Signalen einer außerirdischen Existenz auf den Grund zu gehen. Als sich der Bordcomputer HAL zu einem eiskalten Mörder verwandelt, begibt sich der Astronaut Dave Bowman auf eigene Faust und in völliger Abhängigkeit von der Technik auf eine Reise in die unendliche Weite des Weltalls, von der er nicht wieder zurückkehrt. Eine Reise, die im rätselhaften Irgendwo endet und doch eine kartharsische Erlösung offenhält.

Avantgardistische Meditation

Die Weltraumoper vom Ausnahmeregisseur Stanley Kubrick ist das cineastische Ereignis des Jahres 1968, das neben Kritikern auch die Zuseher begeistert. Obwohl der Film in Machart und Inhalt eher einer avantgardistischen Meditation als einem populären Hollywood-Spektakel gleicht, ist der Film auch kommerziell erfolgreich. Bis heute hat das philosophische, in vielerlei Richtungen interpretierbare Filmwerk wenig von seiner Anziehungskraft verloren. Das American Film Institute wählt 2001 im Jahr 2008 zum besten Science-Fiction-Film aller Zeiten.

Entgrenzung statt Logik

Es sind vor allem die betörenden suggestiven Bilderkompositionen zusammen mit der epischen klassischen Musik von Johann Strauß, die ein visuelles Kinoerlebnis erschaffen, das sicher nicht zufällig an Bilder eines LSD-Rausches erinnert. Anstelle linearer Logik treten Gefühle und Empfindungen, die von Entgrenzung und Spiritualität erzählen. Figuren und Szenen des Filmes sind zu Ikonen geworden, die vielfach adaptiert und zitiert worden sind. Etwa der Bordcomputer HAL, der als erster körperloser Bösewicht in die Filmgeschichte eingegangen ist und für die neue Macht der Technik steht. Oder die Verwandlung eines von einem Menschenaffen in die Luft geworfenen Knochens zu einem Raumschiff in einem Filmschnitt – als symbolische Überbrückung von Tausend Jahren Menschheitsgeschichte.

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Der Münchner Christoph Marx ist Publizist und Lektor und lebt in Berlin. Er arbeitet als Autor und Redakteur für viele namhafte Verlage und veröffentlichte bzw. verantwortete inhaltlich zahlreiche Werke, v.a. zu historisch-politischen, gesellschaftlichen, sportlichen und kulturellen Themen.Referenzliste unter Autor und Redakteur/Lektor.

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