Womanizer Bond

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Der Mythos Bond lebt von rituellen Konstellationen von Figuren, Charakteren und Handlungssträngen. Aber mehr noch als von serieller Binnenlogik lebt Bond von seiner Zeitgeistkompatibilität. Gibt es wirklich eine Kontinuität in den Bondfilmen und wie sieht es im Vergleich mit anderen Film-Franchises aus?

Marvel Universal, X-Men, Fast and Furious, Twilight, Batman: Einige der großen aktuellen Franchise-Marken, die praktisch jeder Kinogänger in Deutschland kennt. Die Serien-Filme erfreuen sich bei Zuschauern und Machern großer Beliebtheit. Die immer neue Weiterführung einer zentralen Urgeschichte mit einem festen Figurenensemble schafft gut vermarktbare Identifikationsflächen für Unternehmen, garantiert bei erfolgreicher Markteinführung kontinuierliches Publikumsinteresse und sorgt so für mehr oder weniger stabile Umsätze in einer vom Medienwandel verunsicherten Branche. Besonders wertvolle erscheinen die traditionellen Franchises, die mehrere Generationen in die Kinos ziehen. Aber wer auf eine große historische Varianz einer Ursprungserzählung zurückschauen kann, hat es immer schwerer, gleichzeitig den Mythos zu erhalten und doch durch neue frische Geschichten die Wünsche und Erwartungen einer jüngeren nachwachsenden, anders sozialisierten Anhängerschaft zu erfüllen. Vor diesem schwer auszubalancierenden Spagat stehen vor so vor allem die Klassiker-Franchises: Star Wars, Star Trek und eben James Bond. Die Binnenlogik der Serien verlor gegenüber dem wandelnden Zeitgeist im Laufe der Zeit zunehmend an Bedeutung – dauernde Reboots inklusive.  

Dasselbe immer neu erzählen

Bekanntlich begründete die herzzerreißende Vater-Sohn-Geschichte zwischen Darth Vader und Luke Skywalker 1977 in „Krieg der Sterne“ den Mythos Star-Wars um den Kampf gegen die „dunkle Seite der Macht“. Sehr viel später wurde der ursprüngliche erste Teil durch diverse inhaltliche Prequels und Sequels plötzlich zum vierten Teil einer neuen Reihe. Um noch vieles komplizierter ist das Durcheinander bei Star Trec, dem Franchise, bei dem mit Blick auf sieben Fernsehserien mit insgesamt 725 Episoden und 13 Kinofilmen selbst die nerdigsten Fans wohl nicht mehr völlig durchblicken. Das Magazin des bekannten Hörbuch-Anbieters audible hat sich hier die Mühe gemacht, mit einer übersichtlichen Zeitleiste den großen Zusammenhang wieder herzustellen. Der Bond-Fan hat es da mit seinen bald 25 Filmen, überschaubaren Anzahl von Fleming-Romanvorlagen und einem klaren Figurenensemble (M, Q, Miss Moneypenny) ohne Spin-Offs da noch recht leicht. Die Figur James Bond hat durch seine insgesamt sechs Darsteller (eigentlich sind es acht – aber das interessiert nur wirkliche Insider) immer wieder eine charakterliche Akzentverschiebung erfahren – Connery war der physische, Moore der ironische, Dalton der kalte und Craig der menschliche Bond. Aber die Figur blieb als westliche Ikone und fleischgewordene Männerfantasie mit seinen Reliquien-Dreiklang aus Smoking, Pistole und Martini lange Zeit karikaturenhaft sofort erkennbar. Gerade in den ersten Filmen ist auch der zentrale Bösewicht – Blofeld – immer derselbe, so dass wirklich von einem chronologischen wie inhaltlichen Kontinuum ausgegangen werden kann. Aber Insider werden mit dem ersten Lazenby-Film „Im Geheimdienst ihrer Majestät“ (1969) erste klare serielle Logikfehler auffallen. So scheint Blofeld Bond nicht zu kennen, obwohl es im vorherigen Film „Man lebt nur zweimal“ auf dramatische Art und Weise zu einem ersten persönlichen Zusammenstoß kam. Vorsichtig, aber immer deutlicher entfernte sich die Reihe nach dem Weggang von Sean Connery von den Erfordernissen der Binnenlogik. Die Kompatibilität mit dem Zeitgeist rückte merklich in den Vordergrund. Romanvorlagen wurden bis zur Unkenntlichkeit verändert, teilweise wurden nur nur noch Namen übernommen und sonst unter einem Fleming-Titel eine zeitgeistige Handlung entwickelt. So wurde für den Film „Moonraker“ (1979) unter dem Eindruck des Erfolgs von „Star Wars“ die Handlung kurzerhand in den Weltraum verlegt. Wie sehr Bond auch von gesellschaftlichen Debatten geprägt wird, zeigt sich mit dem aktuellen Gerücht um den neuen Bond 25, wonach Bond zeitweise seine Dienstnummer 007 an eine schwarze, junge Frau verliert. #MeToo lässt grüßen. Aber keine Angst, Männer: James Bond 007 wird auch in Zukunft ein weißer Mann sein und – am Ende die Welt retten.

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Der Münchner Christoph Marx ist Publizist und Lektor und lebt in Berlin. Er arbeitet als Autor und Redakteur für viele namhafte Verlage und veröffentlichte bzw. verantwortete inhaltlich zahlreiche Werke, v.a. zu historisch-politischen, gesellschaftlichen, sportlichen und kulturellen Themen.Referenzliste unter Autor und Redakteur/Lektor.

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